Cut-off-Prüfung mit Python automatisieren
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08/05/2024
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Für die Prüfung der korrekten Periodenabgrenzung (Cut-off-Prüfung) benötigen Abschlussprüfer*innen Nachweise über den Zeitpunkt der Lieferung (Proof of Delivery, PoD). Prüfungshandlungen sind allerdings oft manuell und ressourcenintensiv. Eine Lösung dieser Herausforderung setzt bei den Tracking-Daten an, die die Paketzustelldienste zur Verfügung stellen: Der Blogbeitrag zeigt, wie diese über Schnittstellen automatisiert abgefragt werden können. Dabei kommt Python zum Einsatz, die beliebteste und wohl am einfachsten zu erlernende Programmiersprache. Sie ermöglicht es auch Wirtschaftsprüfer*innen ohne Programmiererfahrung, sie als Werkzeug für die Datenanalyse und zur Automatisierung von Routinetätigkeiten einzusetzen.
Dieser Blog-Beitrag gibt einen schnellen Einstieg in die effiziente Nutzung von Tracking-Daten im Rahmen der Cut-off-Prüfungen durch automatisierte Abfrage in Python. Da diese Daten zunehmend digital verfügbar sind, über Carrier-APIs einfach abgerufen werden können und direkt mit den Umsatzbuchungen verknüpft werden können, wird dies die Art und Weise der Abschlussprüfung verändern. Mit zunehmender Automatisierung werden manuelle Tätigkeiten bei der Prüfung von Umsatzprozessen abnehmen und IT-gestützte Kontrollen werden bei vielen Unternehmen Einzug halten, die der Abschlussprüfer stattdessen in den Blick nehmen muss. Ein Verständnis dieser Prozesse einschließlich der verarbeiteten Daten und ihrer Risiken aus Sicherheits- und Ordnungsmäßigkeitsgesichtspunkten werden daher zunehmend für den Abschlussprüfer an Bedeutung gewinnen.
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Vom privaten Online-Einkauf bis zum B2B-Bereich ermöglichen Tracking-API der führenden Paketzusteller den nahtlosen Austausch von Versandinformationen (Tracking-Daten) zwischen Kunden und Unternehmen. Diese können nutzbringend für den Prüfungsprozess eingesetzt werden. Zunächst untersuchen wir jedoch deren Relevanz für den Prüfungsprozess.
Warum ist der Nachweis des Lieferungszeitpunktes unerlässlich?
Für eine korrekte Finanzberichterstattung ist u.a die Einhaltung des Rechnungslegungsgrundsatzes der Umsatzrealisierung (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) von Bedeutung. Das Risiko für den Abschluss besteht namentlich in einer vorzeitigen Umsatzrealisierung oder in unzulässigen Verschiebungen von Umsätzen in spätere Berichtsperioden.
Bei der korrekten Zuordnung von Umsätzen aus Kaufverträgen sind auch die verwendeten Incoterms zu berücksichtigen, die den Übergang von Eigentum/Verantwortung für Waren auf den Kunden festlegen. Neben den Umsatzbuchungen inkl. "Warenabgang" betrifft die Periodenabgrenzung noch weitere Konten wie "Goods in Transit", wenn der Gefahrenübergang noch nicht erfolgt ist. Der Zeitpunkt der Lieferung und deren Nachweis durch Abliefernachweise (PoD) gewinnt somit an Bedeutung für eine korrekte Periodisierung. Um die periodengerechte Umsatzbuchung zu beurteilen, sind Daten über den PoD einer Lieferung daher unerlässlich.
Herausforderungen der Nachweisgewinnung in der Abschlussprüfung
Der Abschlussprüfer plant und realisiert Prüfungshandlungen, um ein Verständnis des Umsatzprozesses unter Verwendung der eingesetzten IT-Anwendung zu erlangen. Er muss verstehen, ob Journalbuchungen periodengerecht ins Hauptbuch geschrieben werden und welche Kontrollen - einschließlich IT-bezogener Kontrollen - beim Unternehmen hierfür vorhanden sind.
In vielen Fällen wird der Abschlussprüfer die Kontrollen als nicht effektiv einschätzen und daher auf Funktionstests verzichten. Daher werden bei jeder Abschlussprüfung aussagebezogene Einzelfallprüfungshandlungen durchgeführt und stichprobenweise Nachweise über den PoD gesammelt und ausgewertet.
Die Bestimmung des PoD erfolgt in der Praxis regelmäßig anhand von Papierbelegen oder von digitalen Ablieferbelegen. Die Prüfungshandlungen umfassen die Zuordnung des PoD zur Umsatzbuchung und die Analyse der Incoterms. Sie sind – abgesehen von der Verarbeitung digital bereitgestellter Belege mittels OCR-Techniken – weitgehend manuell und ressourcenintensiv.
Automatisierung mittels Paketzusteller-API in Python
Die automatisierte Abfrage über die Daten-API des ausgewählten Paketzustellers (Carrier) – z.B. DHL, FedEx oder Dachser – verspricht eine direkte und effiziente Lösung . PoDs können mühelos über APIs gesammelt werden, wie nachfolgend am Codebeispiel der Programmiersprache Python mit den Package "Requests" gezeigt wird:
Bildquelle: Tobias Dreixler
Da Python einfach strukturiert ist, ermöglicht dieser Code die Datenabfrage von einem Daten-API-Endpunkt wie DHL mit einer GET-Anfrage. Um die Abfrage mit Tracking-Daten zu spezifizieren, wird der Code um Parameterwerte erweitert, wie im vereinfachten Beispiel unten illustriert:
Bildquelle: Tobias Dreixler
Der Code ist einfach und damit verständlich. Dies ist einer der Vorteile von Python, der die Sprache mittlerweile weltweit so populär gemacht hat – vor allem, wenn Daten automatisiert beschafft oder verarbeitet werden sollen. Um das Beispiel einfach zu halten, wurde auf die Verwendung eines ggf. erforderlichen API-Key bewusst verzichtet, der den Abfragenden als Berechtigenden ausweist.
Effiziente Cut-off-Prüfungen mittels Eventdaten
Tracking-APIs stellen in ihrer „Response“ den PoD als Zeitpunkt mit einem Zeitstempel dar, vergleichbar mit Eventdaten beim Process Mining. Das nachfolgende reale Python-Beispiel für einen DHL-Express-Versand verdeutlicht dies.
Bildquelle: Tobias Dreixler
Aus dem Datensatz, der uns durch manuelle Eingabe im Webinterface von DHL, in der Datenbank eines ERP-Systems oder auf einem Abliefernachweis auf Papier begegnet, lässt sich der PoD direkt ableiten.
Dies stellt gerade bei Mehrfachabfragen eine Erleichterung dar, wie das Beispiel eines führenden deutschen ERP-Herstellers aus Walldorf zeigt. Dabei werden Tracking Daten und der PoD in einer Standardtabelle VTRKP abgelegt und sogar mit dem Verkaufsbeleg verknüpft, was eine Zuordnung zur Umsatzbuchung ermöglicht.
Angeregt durch diese Einfachheit stellt sich die Frage: Kann man diese Daten für die automatische Cut-off-Prüfung nutzen – unter Einbeziehung der Incoterms aus einer anderen Datenquelle im ERP-System (z.B. aus der SAP-Kundendaten-Tabelle KNVV) - und einen entsprechenden Report generieren? Die Antwort lautet "Ja, warum nicht". Ein solcher Bericht könnte fehlerhaft abgegrenzte Umsätze für ein bestimmtes Datum ausweisen und wäre sowohl für die Unternehmenskontrolle als auch für den Abschlussprüfer von Bedeutung.
Autor: WP StB Tobias Dreixler
Prüfer für Qualitätskontrolle, Senior Manager | RWT Crowe GmbH, Reutlingen
Im Mittelpunkt seiner beratenden und prüferischen Tätigkeit stehen mittelständische Unternehmen und Konzerne aus Gewerbe- und Dienstleistungssektor sowie Handel. Dabei bildet die Datenanalyse und deren effiziente Einbindung in den Prüfungsprozess. ein Schwerpunkt. Er war mehrere Jahre als Leiter Content eines führenden deutschen Unternehmens für Prüfungs- und Datenanalysesoftware tätig. Tobias Dreixler ist Autor vielfältiger Veröffentlichungen, u.a. des Buches „Python für die Wirtschaftsprüfung“.Weitere Artikel
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