Wie prüft man Kryptowährungen?

Immer mehr Unternehmen halten Kryptowährungen und gehen Transaktionen mit ihnen ein. Damit steigt auch deren Bedeutung für die Abschlussprüfung. Wirtschaftsprüfer*innen haben dabei einige Besonderheiten zu beachten. Ohne die Funktionsweise von Bitcoin und Co. zu verstehen und sich etwas technisches Hintergrundwissen anzueignen, geht es meist nicht.
Transaktionen mit Kryptowährungen sind für immer mehr Unternehmen nichts Außergewöhnliches mehr und spielen daher auch in der Abschlussprüfung eine zunehmende Rolle. Hohe Wertschwankungen und die pseudonymisierte Identität der an Transaktionen beteiligten Parteien stellen Abschlussprüfer*innen vor besondere Herausforderungen. Um hinreichende Prüfungssicherheit und ein verlässliches Prüfungsurteil zu erlangen, kommen diese nicht umhin, sich mit den technischen Funktionsweisen und daraus resultierenden Risiken der verschiedenen Kryptowährungen zu beschäftigen.
Das jüngst veröffentlichte Knowledge Paper „Kryptowährungen“ des IDW vermittelt ein Grundverständnis über Kryptowährungen und die mit ihnen verbundenen Risken, welche auch für die Abschlussprüfung relevant sind. Es zeigt aber auch neue Chancen für Wirtschaftsprüfer*innen auf, wie diese als unabhängige und vertrauensschaffende Dienstleister Assurance- und Beratungsdienstleistungen für Unternehmen im Zusammenhang mit Kryptowährungen anbieten können.
Kryptowährungen entwickeln sich rasant: Ihre Marktkapitalisierung stieg im November 2011 auf ihren historischen Höchstwert von rund 2,9 Bill. US-Dollar. Nach anschließend turbulenter Entwicklung lag der diesjährige Tiefstand im Juli bei ca. 0,89 Bill. US-Dollar; im September 2022 beträgt der Wert rund 1,1 Bill. US-Dollar. Bitcoin und Ethereum sind vielen ein Begriff, doch es existieren bereits mehr als 20.000 verschiedene Kryptowährungen.
Keine Vermittler
Kryptowährungen unterscheiden sich von traditionellen Zahlungsmitteln schon allein darin, dass sie von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert und garantiert werden. Da sie auch keine Forderung gegenüber einem Emittenten begründen und keinen inneren Wert haben, bestimmt sich ihr Wert allein über Angebot und Nachfrage ihrer Nutzer. Dabei ergeben sich teilweise extreme Schwankungen. Dennoch erfreuen sie sich teilweise großer Beliebtheit und ermöglichen Einzelpersonen und Unternehmen, direkt miteinander Geschäfte zu tätigen (Peer-to-Peer), ohne einen Vermittler wie eine Bank oder ein anderes Finanzinstitut einzuschalten und ohne, dass die handelnden Parteien ihre „wahren“ Identitäten offenlegen müssen.
Sind bei einer Abschlussprüfung Bestände oder Transaktionen mit Kryptowährungen zu prüfen, stellt dies Abschlussprüfer*innen vor besondere Herausforderungen, die bereits vor der Auftragsannahme zu betrachten sind.
Vorsicht bei der Auftragsannahme
Mit folgenden Fragen sollten sich Abschlussprüfer*innen bereits vor der Auftragsannahme beschäftigen:
- Welchen Geschäftszweck verfolgt der (potenzielle) Mandant mit Kryptowährungs-Transaktionen?
- Verfügt der (potenzielle) Mandant über ausreichende Kenntnisse über Kryptowährungen und deren Risiken und wurde ein geeignetes internes Kontrollsystem eingerichtet?
- Wie sieht es mit der Prüfungsbereitschaft des (potenziellen) Mandanten aus, sind u.a. die notwendigen Prüfungsnachweise verfügbar?
- Weist das vorgesehene Prüfungsteam die notwendigen Fachkenntnisse und relevante Erfahrung für die Prüfung von Kryptowährungen auf?
Risiken wesentlicher falscher Darstellungen
Wenn sich der Abschlussprüfer näher mit der Art und Weise beschäftigt, wie der Mandant Kryptowährungen einsetzt und welche spezifischen Risiken damit verbunden sind, muss er diese in Bezug das Risiko wesentlicher falscher Darstellungen untersuchen und nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) beurteilen, um die weiteren Prüfungshandlungen zu planen.
Kryptowährungen bei Durchführung der Abschlussprüfung
Fragen nach dem Vorhandensein von Kryptowährungen, der Verfügungsmacht und möglichen Rechten an ihnen stellen, bezogen auf den Abschlussstichtag, häufig Prüfungsschwerpunkte dar. Die hohe Volatilität von Kryptowährungen führt zu weiteren Aussagen in der Rechnungslegung, auf die bei der Abschlussprüfung besonderes Augenmerk zu legen ist, wenn Kryptowährungen im Spiel sind: dem „Ausweis“ sowie der „Genauigkeit, Bewertung und Zuordnung“.
Aus der betreffenden Blockchain ist in aller Regel ersichtlich, welcher Bestand der jeweiligen Kryptowährung einer öffentlichen Adresse zugeordnet ist. Um nachzuweisen, dass das Unternehmen Rechte an den Kryptowährungen innehat, muss der Abschlussprüfer beurteilen, ob das Unternehmen die Kontrolle über diesen Bestand, d.h. den zugehörigen privaten Schlüssel, ausübt. Bestimmte Verfahren wie die Durchführung von Mikrotransaktionen oder Sign-Message-Verfahren können hierzu Nachweise liefern – allerdings grundsätzlich nur zum Zeitpunkt der Prüfung.
Haben zwischen dem Abschlussstichtag und dem Prüfungszeitpunkt Transaktionen stattgefunden, stellt sich die Frage, wie die Rechte an den Kryptowährungen rückwirkend zum Abschlussstichtag nachgewiesen werden können. Das Unternehmen sollte daher Kontrollen über den gesamten Prozess inkl. das Management der privaten Schlüssel eingerichtet haben, deren Angemessenheit und Funktionsfähigkeit der Abschlussprüfer prüfen und auf die er sich ggf. stützen kann.
Werden Dienstleistungen auf Unternehmen aus dem Kryptowährungs-Ökosystem ausgelagert, ist dies mit Risiken verbunden. In diesem Fall muss der Abschlussprüfer entscheiden, ob es sich um ein Dienstleistungsunternehmen i.S.d. IDW PS 331 n.F. bzw. des ISA (DE) 402 handelt. Um die Risiken beurteilen und Prüfungshandlungen planen zu können, muss er sich ein ausreichendes Verständnis darüber verschaffen, welche Bedeutung die ausgelagerten Dienstleistungen aufweisen und wie sie sich auf die abschlussprüfungsrelevanten internen Kontrollen des zu prüfenden Unternehmens auswirken.
