Digitale Prüfungsberichte und Bestätigungsvermerke: Praktische Erfahrungen
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Bildquelle: Signature Pro (Unsplash)
12/06/2023
| Technologien und Software
| Digitale Unterschrift
Der Corona-Lockdown der vergangenen Jahre machte es überdeutlich: Die digitale Unterschrift und die elektronische Übermittlung von Prüfungsberichten und Bestätigungsvermerken bieten eine ganze Reihe von Vorteilen für eine effiziente Praxisorganisation. Was viele unterschätzen: Bei der Einführung einer digitalen Unterschriftslösung gibt es Einiges zu beachten.
Digitale Unterschriftslösungen für Prüfungsberichte und Bestätigungsvermerke sind effiziente Tools für die Wirtschaftsprüfungskanzlei. Bei ihrer Einführung sind neben fachlichen und rechtlichen Fragen auch praktische und organisatorische Aspekte entscheidend. Vor der Auswahl einer Software müssen zudem wichtige Grundsatzentscheidungen getroffen werden.
Die Plattform Solon X stellt digitale Tools und Services vor, die auf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zugeschnitten sind.
Mit digitalen Unterschriftslösungen lassen sich beträchtliche Effizienzgewinne erreichen:
- Rechtssichere Unterzeichnung mittels qualifizierter elektronischer Signaturen,
- kein Ausdruck und postalischer Versand von Mehrfachausfertigungen,
- keine Zeitverzögerungen mehr bei der Ausfertigung von Papierexemplaren.
Für Wirtschaftsprüfer*innen stehen bei der Einführung eines neuen Tools häufig die fachlichen Fragen im Vordergrund. Antworten hierauf liefern die „Fragen und Antworten zum digitalen Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk“ des IDW (abrufbar im Mitgliederbereich der IDW Website). Nun gilt es, sich den Herausforderungen zu stellen, die mit der praktischen Umsetzung von digitalen Unterschriftenlösungen in der eigenen Kanzlei verbunden sind.
Welche Dienstleister und welche Software passen zu uns?
Wie bei jedem IT-Projekt beginnt die Einführungen einer digitalen Unterschriftslösung für die eigene Kanzlei mit der Auswahl der hierfür notwendigen Dienstleister. Dies sind zum einen die Signaturanbieter (Trust-Center) und zum anderen die Softwareanbieter, mit deren Lösungen die Kanzleimitarbeiter künftig zusammenarbeiten werden. Damit ist unmittelbar klar, dass für eine erfolgreiche Einführung neben den fachlichen Themen auch die technischen und organisatorischen Fragen im Vorfeld der Einführung gut zu durchdenken sind.
Welche Grundsatzentscheidungen müssen wir treffen?
Eine der zu treffenden Grundsatzentscheidungen ist die einzusetzende Technologie für die digitale Unterschrift. Zur Auswahl stehen die Fernsignaturlösungen und klassischen Signaturkartenlösungen. Bei dieser Entscheidung sollte bspw. berücksichtigt werden, ob eine Notwendigkeit für die Übermittlung von Berufsattributen besteht. Insbesondere sollte auch die Entscheidung getroffen werden, ob das Unterzeichnen von überall und jederzeit möglich werden soll, so denn Internet und zumindest ein mobiles Device zur Verfügung steht.
Bei der Auswahl der Softwarelösung und des Softwareanbieters sollte im Vorfeld der Auswahl einer Lösung Klarheit über die eigenen Bedarfe und Anforderungen bestehen:
- Unterzeichnet nur ein oder zwei Wirtschaftsprüfer den BSV/PB?
- Wie viele Unterschriften pro anno werden in der Praxis benötigt?
- Wie viele Wirtschaftsprüfer müssen mit der Lösung berechtigt werden zur Unterzeichnung?
So unterschiedlich wie die Antworten auf die o.g. Bedarfsfragen ausfallen, so unterschiedlich sind auch die Preismodelle der verschiedenen Anbieter.
Ist die Software mit vorhandenen Prüfungsprogrammen vereinbar?
Auch sollte die Kompatibilität der einzuführenden Lösung mit den bislang genutzten Programmen für die Abschlussprüfung beachtet werden. Als Entscheider kann man nicht davon ausgehen, dass bspw. eine Fernsignaturlösung problemlos und ohne Anpassungen in das eigene Prüfungsprogramm und/oder das eigene Dokumentenmanagementsystem integriert werden kann. Von daher gilt es Schnittstellen anzupassen (bspw. vom Prüfungsprogramm bzw. Office-Programm zur Signaturlösung und von dort zur Kommunikationsplattform mit dem Mandanten sowie zu dem Dokumentenmanagementsystem der Kanzlei).
Achtung bei Berufsrecht und Datenschutz
Ganz besonders wichtig ist die Einhaltung der berufsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Vorschriften – sowohl durch die angebotenen Fernsignaturlösungen als auch bei klassischen Signaturkartenlösungen. Hierbei sieht der Entscheider sich häufig sehr umfangreichen Vertragswerken ausgesetzt, die er rechtlich mit dem betrachteten Aspekt des Datenschutzes und des Berufsrechtes zu würdigen hat.
Vor dem Hintergrund ist es hilfreich, den Austausch mit Berufskollegen zu suchen, um Empfehlungen und Erfahrungen einzusammeln, insbesondere wenn es sich um ausländische Anbieter handelt, z.B. US-amerikanische Produkte.
Was ist organisatorisch zu bedenken?
Die organisatorischen Fragen werden (wie fast immer) in der Praxis häufig unterschätzt. Beim Einsatz von digitalen Berufssiegeln und Unterschriften ist es wichtig zu wissen, dass eine bestimmte Reihenfolge zwingend einzuhalten ist: So kann bspw. das Berufssiegel (als Bilddatei) nicht nach erfolgter Unterschrift (qualifizierte elektronische Signatur der pdf Datei) angebracht werden. Die Folge wäre, dass die qualifizierte elektronische Signatur hierdurch zerstört und somit ungültig wird. Eine weitere Praxisfrage ist, wie sichergestellt ist, dass nur originale und unbeschädigte qualifiziert elektronisch signierte Dokumente die WP-Praxis in Richtung Mandant verlassen.
Diese und andere Fragen sind durch Skizzierung des digitalen Signierprozesses vorzudenken.
Was ist beim Workflow konkret zu beachten?
Es empfiehlt sich daher vor Umsetzung einer Softwarelösung für die Kanzlei zunächst den Ablauf zu modellieren (Dokumentenworkflow), wie aus dem Office-Programm (Berichtschreibprogramm für Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk) das Testatsexemplar generiert wird und die verschiedenen Kontrollen zur Qualitätssicherung bis hin zum Versenden des Berichtsentwurfes an den Mandanten erfolgen sollen. Zum Beispiel sollte im Rahmen der Workflowmodellierung berücksichtigt werden, dass erst nach erfolgter Verarbeitung der Hinweise des Mandanten und dem Erhalt der Vollständigkeitserklärung der Prozess der Signierung anzustoßen ist.
Daher ist auch sicherzustellen, dass im Workflow, also dem Weg des Dokumentes durch die Kanzlei, eine systemseitige Benachrichtigung des unterzeichnungsberechtigten WPs erfolgt. Haben beide WPs unterzeichnet ist wiederum eine Benachrichtigung und eine Übermittlung der signierten Dokumente an das Dokumentenmanagementsystem der Kanzlei (zur Archivierung) notwendig. Gleichermaßen hat eine Information an die Mitarbeiter zu erfolgen, die für die Bereitstellung des original elektronisch erzeugten PB/BSV an den Mandanten verantwortlich sind.

Autor: WP StB Andreas Stamm
Senior Partner | dhpg Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte Steuerberater GmbH & Co. KG
Andreas Stamm ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der dhpg. Im Mittelpunkt seiner beratenden und prüferischen Tätigkeit stehen mittelständische Unternehmen und Konzerne aus Gewerbe- und Dienstleistungssektor sowie Handel. Andreas Stamm ist Referent und Autor vielfältiger Veröffentlichungen. Zudem ist er Mitglied des DIHK Finanz- und Steuerausschusses. An das Studium der Betriebswirtschaftslehre schloss sich eine Tätigkeit in einer mittelständischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an. 1995 wechselte er zur dhpg, wo er seit 2004 Senior Partner ist.Weitere Artikel
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