Verrechnungspreisdokumentation softwaregestützt erstellen – machbar?
Meine Erfahrung zeigt, dass Kanzleien und Steuerabteilungen von Unternehmen Verrechnungspreisdokumentationen häufig rückwirkend für vergangene Geschäftsjahre erstellen. Als Werkzeug wird meist eine Textverarbeitungssoftware verwendet. Selbst wenn die Bearbeiter über viel Erfahrung und Know-how verfügen, passieren in diesen Dokumentationen formelle Fehler. Diese können in der Prüfung thematisiert werden und teuer zu stehen kommen.
Zusammenfassend zeigt das gemeinsame Projekt des Softwarehauses hsp und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ADKL deutlich, dass Technologien Medienbrüche reduzieren und Sicherheit bei der Dokumentation von Compliance-Themen bieten können. Spätere Erweiterungen der Softwarelösung und Hilfestellungen für die anwendende Person führen im Ergebnis zu einer lebenden Dokumentation, die bei einer Betriebsprüfung nicht oder nur in geringem Maße zu Rückfragen führt.
Im Jahr 2018 bin ich erstmals auf das Thema Verrechnungspreisdokumentation angesprochen worden. Auf einem Workshop zum Thema Verfahrensdokumentation auf Basis einer Taxonomie fragte mich ein Steuerberater, ob es nicht möglich wäre, eine Gliederung für eine Verrechnungspreisdokumentation ebenfalls mit einer Taxonomie bereitzustellen. Nach dreijähriger Suche haben wir mit Tobias Polka einen Entwicklungspartner gefunden, der seit vielen Jahren Verrechnungspreisdokumentationen für seine Mandanten erstellt und auch Berufskolleg*innen bei der Erstellung und Aktualisierung unterstützt.
Lange Suche
Der Hintergrund für die lange Suche war, dass immer wieder große Skepsis zur Machbarkeit und dem Projektziel geäußert wurde.
Tobias Polka von der ADKL Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus Düsseldorf zeigte sich gleich zu Beginn von der Idee sehr angetan und brachte seine Kenntnisse und Erfahrungen aus über 15 Jahren praktischer Tätigkeit auf diesem Gebiet mit ein. Schnell wurde deutlich, dass die Gliederung der Taxonomie den Anwender nicht nur fachlich, sondern auch organisatorisch führen soll. So entstand eine modulare Vorgehensweise:
- Skizzierung der Organisationsstruktur mittels Organigramms
- Verbinden von Gesellschaften im Organigramm, um Leistungsbeziehungen und Vereinbarungen anzulegen
- Bearbeiten der Validierungshinweise zur ausführlichen Beschreibung der Leistungsbeziehungen und Vereinbarungen
- Erstellung der Funktions- und Risikoanalyse der miteinander agierenden Unternehmen zur Darstellung der Wertschöpfungsstufen und der Beteiligung der Unternehmen daran
- Bearbeiten der automatisch erstellten Aufgaben zur Beschreibung und Erläuterung über die Wahl der Verrechnungspreismethoden, etc.
Einstimmiges Feedback
In ersten Gesprächen mit Betriebsprüfern wurde diese Vorgehensweise validiert. Das einstimmige Feedback zeigte deutlich, dass Verrechnungspreisdokumentationen, die auf dieser Basis erstellt werden, eine hohe Akzeptanz erfahren. Außerdem haben wir aus diesen Gesprächen mitgenommen, dass die Erstellung der Dokumentationsinhalte bei Entstehen der Leistungsbeziehungen oder Vereinbarungen, eine starke Würdigung in der Beweiskraft erhalten und zugestanden wird. Damit entfällt die häufig aufwändige Recherche über die Verhältnismäßigkeit von Geschäften zwischen nahestehenden Personen aus den vergangenen Jahren.
Dieses Feedback zeigt ebenfalls, dass eine Verrechnungspreisdokumentation eine lebende Dokumentation sein sollte, was mit einer Textverarbeitungssoftware nur schwerlich erreicht wird.
Das eigentliche Problem
Direkt nach der Entwicklung der Softwarelösung wurden Anwender*innen ohne vorherige Schulung damit beauftragt, eine Verrechnungspreisdokumentation für ihre Mandanten zu erstellen. Von den Testpersonen kamen nur sehr wenige Rückfragen. Dies zeigte uns und dem Entwicklungsteam, dass die Software ohne zeitaufwändige Einarbeitung intuitiv bedient werden kann, vorausgesetzt, die Anwender*innen bringen das notwendige fachliche Wissen mit.
Damit ist das eigentliche „Problem“ erkannt worden: die fachliche Schulung der Anwender*innen, mit der diese darauf vorbereitet werden, wie eine Verrechnungspreisdokumentation erstellt wird und worauf geachtet werden soll. Denn auch wenn die Software die anwendende Person wie oben beschrieben fachlich führt, muss ausgehend von den dokumentierten Daten beispielsweise entschieden werden, welche Form der Verrechnungspreismethode verwendet wird, die die Verrechnungssätze müssen begründet werden, etc.
Die Expertenempfehlung
Tobias Polka empfiehlt dazu Folgendes:
„Der Aufbau von fachlichem Know-how zum Thema Verrechnungspreise in Steuerabteilungen oder Kanzleien ist unbedingt erforderlich. Der Trend zeigt, dass auch mittelständische Unternehmen zunehmend das Geschäft global verfolgen und so das Thema auch dort in der Steuerfunktion ankommt. Der Aufbau des notwendigen Know-hows kann mit einer softwarebasierten Lösung und der Unterstützung von Experten erheblich vereinfacht werden. Grundlegende Kenntnisse lassen sich in Webinaren schnell und einfach erhalten. Vertiefende Kenntnisse ergeben sich mit den jeweiligen Dokumentationen und Anwendungsfällen, im Idealfall fachlich unterstützt von Experten. Die Herausforderung im Kontext der Verrechnungspreisdokumentation liegt in erster Linie in der Bündelung der verschiedenen Informationsquellen.“
Zukunftsfähigkeit
Die Zukunftsfähigkeit der entwickelten Software ist ein weiteres Merkmal, welches gegen die Nutzung einer klassischen Textverarbeitung spricht. Gibt es vom Gesetzgeber neue Vorgaben über die Inhalte, die Struktur und Elemente einer Verrechnungspreisdokumentation, werden diese neuen Vorgaben in der nächsten Version der Taxonomie bereitgestellt. Dadurch können Daten aus bestehenden Projekten mit wenigen Klicks übernommen werden. Im Gegensatz dazu ist eine Dokumentation in einer Textverarbeitung aufwändig zu pflegen. Bereits die Suche nach den Stellen, die geändert, korrigiert oder gelöscht werden müssen, gestaltet sich als zeitraubendes Geduldsspiel.