Technologie-Trends 2022
Kreative KI, Metaversum, integriertes Datenmanagement – manche Neuentwicklungen in der Digitalisierung klingen nach Zukunftsmusik, andere stellen schon das eigene Geschäftsmodell in Frage: die Änderungsgeschwindigkeit neuer Technologien verläuft rasant, und Unternehmen und Beraterbranche tun gut daran, die neuesten Trends zu beobachten und die eigenen Technologien stets auf den Prüfstand zu stellen. Wir stellen einige der vieldiskutierten Neuerungen des Jahres vor.
Auch im Jahr 2022 werden sich Prozesse und Geschäftsmodelle weiter digitalisieren und automatisieren. Dies betrifft neben der Abschlussprüfung auch das für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bedeutende Datenmanagement, wobei Sicherheits- und Datenschutzaspekte nicht zu vernachlässigen sind. Ebenfalls stark im Trend liegen Multimedia-Inhalte und Virtualisierung. Eine große Rolle, auch für die Beraterbranche, spielen Remote Work, geographische Dezentralisierung und digitaler Kundenkontakt.
Daten integrieren und sicherer machen
Einen Ausblick auf Technologietrends für digitale Geschäftsmodelle, die in den nächsten drei bis fünf Jahren auf uns zukommen werden, gibt das Marktforschungsunternehmen Gartner. Neuerungen sind demnach beim Datenmanagement zu erwarten: Data Fabric integriert und harmonisiert Datenquellen unabhängig von dem Ort, an dem sich die Daten befinden, und auch unabhängig von deren Datenformat, über Plattformen und Anwender hinweg. Damit lassen sich u.a. die noch häufig vorzutreffenden Datensilos mit uneinheitlichen Datenstrukturen auflösen. Die Technologie analysiert und gibt aktive Empfehlungen für die Datenverwendung und reduziert den Verwaltungsaufwand.
Eine kürzere Markteinführungszeit für neue Softwarelösungen sollen zusammensetzbare Anwendungen ermöglichen, die aus modularen Komponenten erstellt werden und wiederverwendbaren Code enthalten. Hier bleibt zu beobachten, ob sich dieser Trend auch auf Anwendungen für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater auswirken wird.
Beim Thema Datensicherheit sollen Cybersicherheitsnetze verschiedene Sicherheitslösungen in einer flexiblen Architektur integrieren und zur Zusammenarbeit bringen, z.B. bei Identitäts- und Richtlinienüberprüfungen innerhalb und außerhalb von Cloud-Lösungen. Wirtschaftsprüfende und deren IT-Spezialisten sollten sich frühzeitig über die weitere Entwicklung dieser Technologie in dem besonders sensiblen Thema der Cybersicherheit informieren.
Schließlich sollen Programme zum Schutz der Privatsphäre bei der Datennutzung der zunehmenden Bedeutung von Datenschutzregulierungen Rechnung tragen. Mit diesen Programmen lassen sich personenbezogene Daten auch in nicht vertrauenswürdigen Umgebungen verarbeiten und grenzüberschreitend übertragen, um Werte aus Daten unter gleichzeitiger Wahrung der Compliance-Anforderungen gewinnen zu können. Wirtschaftsprüfende sollten ihre international ausgerichteten Mandanten auf diese Programme beim Thema Datenschutz aufmerksam machen.
Künstliche Intelligenz unterstützt viele Bereiche
Auch die Künstliche Intelligenz wird sich nach der Prognose von Gartner weiterentwickeln und weitere Geschäftsbereiche unterstützen. Ein Gebiet ist demnach die Entscheidungsintelligenz, die menschliche Entscheidungen in Unternehmen unterstützt, indem sie jede Entscheidung als eine Abfolge von Prozessen modelliert und dabei Analysen und Simulationen nutzt. Die neuen Möglichkeiten dieser Technologie können auch Wirtschaftsprüfende und Softwareunternehmen bei der weiteren Entwicklung von KI-Lösungen für die Abschlussprüfung nutzen.
Der Ansatz der Hyperautomatisierung dient den Unternehmen hingegen dazu, möglichst viele IT- und Geschäftsprozesse zu automatisieren, u.a. um eine Skalierbarkeit zu ermöglichen und die Geschäftstätigkeit im Remote-Betrieb auszuüben. Der Begriff umfasst die Nutzung zahlreicher Technologien, Tools oder Plattformen wie maschinelles Lernen, Robotic Process Automation (RPA) und Business Process Management (BPM). Diese Entwicklung bestätigt den Trend, dass Unternehmen ihre IT-gestützten Geschäftsprozesse stärker automatisieren und Informationen nur noch in elektronischer Form vorliegen. Wirtschaftsprüfer reagieren darauf u.a. mit einer Ausweitung des Einsatzes von Automatisierten Tools und Techniken (ATT), vgl. hierzu IDW F&A zur praktischen Anwendung von ATT i.R.d. Abschlussprüfung.
Auch im Kreativbereich dürfte KI perspektivisch zunehmend eingesetzt werden: Die generative KI erzeugt neue Formen kreativer Inhalte wie beispielsweise Videos; sie soll Forschungs- und Entwicklungszyklen von der Medizin bis zur Produktentwicklung beschleunigen.
Virtuelle Realitäten
Das Metaversum oder Metaverse ist ein vieldiskutierter Trend, und auch das Weltwirtschaftsforum zählt diese virtuelle Welt zu den fünf bemerkenswerten Tech Trends des Jahres 2022. Eine Kombination verschiedener Technologien, u.a. aus der erweiterten Realität, soll ein Universum erschaffen, in dem Menschen zusammentreffen, arbeiten, spielen, lernen und einkaufen – nicht nur Facebook hofft auf diese nächste Stufe des Internets, bei der die Grenzen zwischen physischem und digitalem Leben verwischen und bei der sich ungeahnte Verdienstmöglichkeiten für Unternehmen eröffnen, z.B. für virtuelle Waren.
Bereits jetzt experimentieren Unternehmen im Onlinehandel mit Live-Videos als neuen Verkaufskanälen, die E-Commerce, Social Media und Livestreams kombinieren, wie das Handelsblatt in seinen Tech-Trends berichtet. Videos mit Chatfunktion, Produktbewertungssystem und integriertem Onlineshopping werden an die Webshops angebunden, vor allem um junge Zielgruppen zu erreichen, die mit Instagram und Tictoc aufgewachsen sind.
Das dezentrale Unternehmen als Gesamterlebnis
Befeuert durch die Corona-Pandemie arbeiten Unternehmen und Wirtschaftsprüfende zunehmend im Remote-Modus und haben ihre Technologien in diesem Bereich ausgebaut. Gleichzeitig sind Kunden und Mandanten häufig nicht mehr so gut über die herkömmlichen physischen Wege erreichbar. Für Gartner ist daher die Dezentralisierung einer der großen diesjährigen Trends. Drehte sich traditionell alles um die Firmenzentrale, arbeiten die Mitarbeiter nunmehr geographisch verteilt an hybriden Arbeitsplätzen – die Geschäftsmodelle folgen zunehmend einem Digital-First- bzw. Remote-First-Ansatz, aber auch der Kontakt zu Kunden und Geschäftspartnern digitalisiert und virtualisiert sich. Wirtschaftsprüfende haben in der Corona-Pandemie gezeigt, dass sie ihr Geschäftsmodell schnell auf eine dezentrale Arbeitsweise mit Remote-Work umstellen konnten, ohne dabei den physischen Kontakt zu ihren Mandanten zu verlieren.
Nach Gartner sollten alle Erfahrungsbereiche in die Geschäftsstrategie einbezogen werden: Total Experience (TX) bezieht nicht nur die Erfahrungen von Kunden und Produktnutzern ein, sondern berücksichtigt auch digitale Berührungspunkte mit der Multimedia-Erfahrung der Kundenprozesse und bezieht die Perspektive der Mitarbeitenden mittels Employee Experience ein – es handelt sich demnach um ein ganzheitliches Management der Stakeholder-Erfahrungen. Auch für Wirtschaftsprüfende und ihre Mitarbeitenden kann das Modell der Total Experience aufgrund der Erfahrungen aus der immer stärker werdenden digitalen Zusammenarbeit eine interessante Erfahrung darstellen.