Softwareentwickler und Wirtschaftsprüfer stemmen Digitalisierung gemeinsam
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater wissen oft sehr genau, welche Tools sie für ihre tägliche Arbeit brauchen – allerdings sind sie keine Programmierer. Softwareentwickler bringen hingegen das Programmierwissen mit, aber ihnen fehlt oft das Branchen-Know-how. Was liegt näher als beide Kompetenzen zusammenzubringen? Dies gilt umso mehr, als jetzt mit SOLON X die passgenaue Plattform zur Verfügung steht, um diese Lösungen anderen Branchenangehörigen zugänglich zu machen. Aber wie funktioniert die Kooperation in der Praxis? Beteiligte berichten von ihren Erfahrungen.
Ohne Software geht es nicht
Was motiviert Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, mit einer Softwarefirma zusammenzuarbeiten, um eine individuelle Lösung zu entwickeln? Andrea Treib gibt Auskunft. Sie ist im Vorstand der W+ST Wirtschaftsprüfung AG & Co. KG und hat mit dem Softwareunternehmen hsp eine Tax Compliance Software umgesetzt. Früher ging es in der Kanzlei hauptsächlich um einzelne Sachverhalte, sagt Andrea Treib, eine spezielle Software war nicht erforderlich. Heute dagegen müssen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater immer mehr die gesamten Prozesse im Blick haben. Das geht nicht ohne digitale Unterstützung. Als Nicht-Software-Experte kommt die Kanzlei hier allerdings an ihre Grenzen.
Wissen teilen statt bunkern
Als größere Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-Gruppe verfügt W+ST über ausreichende Ressourcen für eine derartige Kooperation, was bei vielen kleinen Kanzleien nicht der Fall ist. Deshalb ist für Treib klar, dass die Software auch anderen Berufsangehörigen zur Verfügung gestellt wird – „Man muss das Rad nicht jedes Mal neu erfinden“, so Treib.
Dem stimmt Tobias Polka zu. Er ist Vorstandsmitglied bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ADKL, die mit hsp in einem Projekt zu Verrechnungspreisen zusammenarbeitet. Gerade kleine Kanzleien könnten solche Softwarelösungen gebrauchen, um trotz limitierter Kapazitäten ihren Mandanten viele wichtige Themen anzubieten.
„Genau für derartige Lösungen wurde die Plattform SOLON X entwickelt“, knüpft Dr. Britta van den Eynden an. Als Leiterin Markets beim Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) und Geschäftsführerin des IDW Verlags treibt sie die Digitalisierungsplattform SOLON X voran. „Es werden in der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche viele Tools entwickelt, die auf geniale Weise bestimmte Themen lösen“, sagt van den Eynden. Jetzt gelte es, die Ressourcen effizient zu nutzen und die Kräfte der Branche zu bündeln. Steuerberatungen und Wirtschaftsprüfungen finden auf SOLON X passende Tools, aber auch umfassende Informationen zu vielen Fachthemen. Unterm Strich soll die Plattform die Anlaufstelle für digitale Lösungen und Informationen rund um Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung werden.
Expertengespräch mit:
Andrea Treib | Vorstandsmitglied, Partnerin, Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, W+ST Wirtschaftsprüfung AG & Co. KG, Dillingen/Saar. |
Tobias Polka | Partner/Vorstand, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, ADKL Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte Steuerberater, Düsseldorf. |
Dr. Britta van den Eynden | Leiterin Markets Institut der Wirtschaftsprüfer, Geschäftsführerin IDW-Verlag, Steuerberaterin, Düsseldorf. |
Die Zukunft liegt in Spezialsoftware
„Mit einer einzigen Lösung alle Themen abzudecken, ist nicht mehr zeitgemäß“ ist sich Tobias Polka von ADKL sicher. Seiner Ansicht nach liegt die Zukunft in unterschiedlichen Tools unterschiedlicher Hersteller für unterschiedliche Themen – maßgeschneidert und kompatibel.
Wie reagieren die Mandanten?
Tobias Polka berichtet, dass die neue Software für Verrechnungspreise von Beginn an von der Zielgruppe – in diesem Fall handelt es sich um Berater – sehr offen und positiv aufgenommen worden ist. Mit Hilfe eines Testszenarios habe sich schnell gezeigt, dass die Software einfach zu bedienen ist. Denn dies hält Polka für einen der wichtigsten Punkte bei einer Neuentwicklung.
Andrea Treib hat gemischte Erfahrungen gemacht: Tax Compliance ist ein Thema, das einige Mandanten gerne aufschieben und am liebsten gar nicht angehen wollen. Eine neue Software trifft bei dieser Gruppe daher auf förmlich explodierende Bedenken. Vorgebracht wird beispielsweise, dass die neue Software mit Kosten und Schulungsaufwand verbunden ist. Bei der Ansprache dieser Mandantengruppe sollte man verstärkt darauf hinweisen, dass die Software besonders intuitiv zu bedienen ist, so Treib. Andere Mandanten, so berichtet Treib, haben genau auf diese Softwarelösung gewartet und die Spezialsoftware sehr positiv aufgenommen – darunter auch einige Konzerne mit komplexen Strukturen, bei denen Softwarelösungen unverzichtbar sind.
Hemmschwellen abbauen
„Um eventuell vorhandene Hemmschwellen abzubauen, hilft es bereits, immer wieder darüber zu sprechen“, ist Britta van den Eynden überzeugt. Je mehr Softwarelösungen über SOLON X zur Verfügung gestellt werden, desto mehr Branchenangehörige greifen auf die Plattform zu. Und je mehr positive Erfahrungen gemacht werden, desto schneller und weiter verbreitet sich die Denkweise, Tools zu nutzen. Langfristig, so van den Eynden, soll die Plattform auch eine Anlaufstelle für Mandanten werden, die nach Softwarelösungen suchen.
Das gesamte Expertengespräch zum Nachhören finden Sie auf Youtube.